Am 5.9.2010 veranstaltete die Heinrich Böll Stiftung Israel zusammen mit dem Center for European Studies am Interdisciplinary Center Herzliya und dem Israeli Council On Foreign Relations eine internationale Konferenz, die sich mit der Frage befasste: „Was macht einen Freund Israels aus?“. Dabei galt es gleich mehreren Fragestellungen nachzugehen: Was macht einen Freund an sich aus? Muss ein Freund zu einem stehen, unabhängig davon, was der andere macht? Oder muss ein Freund auch sagen können und dürfen, wenn der andere in seinen Augen unvernünftig handelt? Können Freunde verschiedener Meinung und Ansichten sein? Wer darf wann was wie zu wem sagen?
In seinen Begrüßungsworten leitete Prof. Alex Mintz, Dekan der Lauder School of Government, Diplomacy and Strategy am IDC Herzliya, die Veranstaltung im gutgefüllten Chais Auditorium des IDC Herzliya ein, indem er genau diese Fragen aufwarf. Bedeutet im Falle Israels, dass Freunde seiner Freunde auch seine Freunde sind? Und wie sieht es mit den Feinden seiner Freunde aus? Was darf ein Freund sagen? Bedeutet Kritik an der israelischen Politik Delegitimierung, oder kann Kritik auch konstruktiv und somit freundschaftlich gemeint sein?
Avi Primor, ehemaliger Botschafter Israels in der Bundesrepublik und derzeitiger Direktor des Center for European Studies am IDC Herzliya vertrat in seiner Begrüßung die Position, Israel müsse heute keine Angst mehr vor Kritik haben. In Israel, so Primor, sei die Ansicht weit verbreitet, dass jemand, der Kritik übe, kein Freund sein könne. Ein wahrer Freund Israels müsse stets an Israels Seite stehen, unabhängig von der jeweiligen Situation. Diese Empfindlichkeit habe zwar historische Ursprünge, doch es gelte zu verstehen, dass nicht jeder Kritiker sogleich ein Feind Israels sei. Es sei wichtig, zu erkennen, dass ein offener Dialog und offene Kritik weitaus förderlicher seien, als Verdrängung und unausgesprochene Kritik.
Jörn Böhme, Leiter der Heinrich Böll Stiftung in Tel Aviv, betonte gerade als Vertreter einer deutschen Institution werde man häufig mit der Frage nach der Haltung Israel gegenüber konfrontiert. Dabei gehe es auch um die Auseinandersetzung damit, wie unbefangen der Einzelne in der Diskussion sein könne und wie weit man sich überhaupt einmischen dürfe, wenn man kein ständiger Bewohner dieses Landes sei.
Die Grundsatzrede begann Cem Özdemir, Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen indem er das Publikum auf Hebräisch begrüßte und somit zugleich sein freundschaftliches Verhältnis zum Ausdruck brachte. Özdemir sagte, er sehe sich selbst als Freund Israels und dies schließe für ihn auch das Äußern von Kritik ein. Ein Freund, sei jemand, der versuche, den anderen zu verstehen und Empathie zeige, wobei er nicht allem zustimmen müsse. Er selbst sei mit der Problematik wohl vertraut, da Israel und die Türkei eine ähnliche Sensibilität in Bezug auf Kritik dem jeweiligen Land gegenüber aufweisen. Dies gelte für Kritik von außen sowie aus dem Inneren. Eine weitere Gemeinsamkeit bestehe darin, dass man sich unverstanden fühle und dies auf die Verkennung der Situation von den jeweiligen Kritikern zurückschließe. Es stelle sich sodann auch die Frage, inwiefern ein Land wie die Bundesrepublik mit Situationen umgehen würde, wie sie in Israel und in der Türkei bestehen. Kann ein Außenstehender überhaupt nachvollziehen, mit welchen Problemen man es im eigenen Land zu tun hat? Aufgrund der historischen Umstände werde immer eine besondere Verbindung zwischen der Bundesrepublik und Israel bestehen, jedoch sei auch hier zu bedenken, dass sich die Bevölkerung in Deutschland aufgrund der Einwanderer verändert habe und weiter verändern werde. Der Bevölkerungsanteil der nicht durch die Geschichte deutscher Vorfahren geprägt sei, werde größer. Bereits heute seien viele der jungen Einwohner und Einwohnerinnen in Deutschland mit Migrationshintergrund nicht mit der historischen Dimension, die Deutschland und Israel verbinde, vertraut. Die Erziehung müsse diesen Umständen angepasst werden.
Im Beitrag, zum ersten Panel „Israels Haltung zu der Frage, was einen Freund Israels ausmacht“, stellte Prof. Tamar Hermann vom Fachbereich Politikwissenschaften an der Open University of Israel und dem Israel Democracy Institute, die Ergebnisse einer Umfrage von August vor. Dieser zufolge betrachte die Hälfte der israelischen Bevölkerung Israel als isoliert. Mehr als die Hälfte seien der Meinung, dass die kritische Haltung anderer Länder unabhängig von Israels Verhalten sei. Das Bedenkliche an dieser Tendenz sei, dass dies dazu führe, sich nicht konstruktiv mit der jeweiligen Kritik auseinanderzusetzen.
Auf dem Podium wurde die Haltung gegenüber Kritik von außen und von innen ebenso diskutiert wie die Frage, wie mit Kritik von innen, die nach außen gelangt, umgegangen werden sollte.
Aluf Benn, Herausgeber und Kommentator bei der Tageszeitung Haaretz, sieht sich verstärkter Kritik in Israel ausgesetzt, seitdem seine Artikel durch eine englische Ausgabe von Haaretz unter anderem im Internet auch außerhalb Israels problemlos zugänglich sind. Er erkenne zwei Sorten Freunde Israels, nämlich diejenigen, die alles akzeptierten und unterstützten, was Israel macht und diejenigen, die ein anderes Israel unterstützen würden. Die Hauptkritik aus dem Westen an Israel bestehe in der Gewaltanwendung. Israel definiere sich zwar selbst als westliches Land, meine aber, dass man in dieser Situation und geographischen Lage keine andere Wahl habe, als auf Konflikte mit Gewalt zu reagieren.
Auch Kerstin Müller, Mitglied des Deutschen Bundestages für Bündnis90/Die Grünen und ehemalige Staatsministerin im Auslandsministerium, betonte sowohl für sich persönlich, als auch für Bündnis 90/Die Grünen die Freundschaft zu Israel. Einen Grund für Kritik sah sie in der Analyse, wonach bestimmte Vorgehensweisen den Interessen Israels schadeten.
Daniel Levy, Forschungsbeauftragter bei der New America Foundation und Direktor und leitender Wissenschaftler der Prospects for Peace Initiative bei der Century Foundation, machte auf den Unterschied aufmerksam, dass eine unterstützende Haltung Israels gegenüber nicht zwangsläufig bedeute, dass man der jeweiligen Regierung Israels positiv gegenüber eingestellt sein müsse. Wenn man von Freunden Israels spreche, sei es wichtig, sich diese genauer anzuschauen und deren Interessen zu hinterfragen. Aluf Benn hielt er entgegen, es gehe um mehr, als nur um die Frage der Anwendung von Gewalt. Der Streit gehe darum, dass mit der israelischen Besatzung ein System der Kontrolle aufrechterhalten werde, das gegen demokratische Werte gerichtet sei.
Roger Cohen, Kolumnist der New York Times machte deutlich, es sei nicht im Interesse Israels, sich zu isolieren. Er selber werde sehr oft ob seiner kritischen Äußerungen angegriffen. Seiner Ansicht nach handle man gegen das Interesse und die Zukunft Israels, wenn man den Bau und Fortbestand der Siedlungen unterstütze. Er kritisierte die Fetischisierung von Israels Spezialsituation – zwar müsse man sich der besonderen Geschichte bewusst sein, doch dürfe das nicht davon abhalten, die Augen offen zu halten und problematische Entwicklungen zu erkennen. Cohen sieht den derzeitigen US-Präsidenten Obama mehr als Vermittler im Konflikt während die vorhergegangen Präsidenten eher als loyale Unterstützer Israels fungierten.
Dan Margalit, leitender Kommentator der Tageszeitung Israel Hayom und Moderator des TV Programms „Erew Chadasch“, wies daraufhin, dass bei der Kritik an Israel müsse beachtet werden, dass nicht Israel allein dafür verantwortlich gemacht werden dürfe, dass bisher kein Frieden in der Region eingetreten sei. Margalit machte einen Unterschied zwischen Roger Cohen und Thomas Friedman, ebenfalls Kolumnist der New York Times. Auch Friedman kritisiere Israel, aber im Gegensatz zu Cohen freue es ihn nicht, wenn Israel in Schwierigkeiten sei.
Im weiteren Verlauf ging Aluf Benn auf den Unterschied in der Wahrnehmung von Präsident George W. Bush und Barak Obama ein, und beschrieb, weshalb Bush als Freund empfunden wurde und der zweite weniger. Während der zweiten Intitfada sei Bush der Einzige gewesen, der Israel voll und ganz unterstützte und ohne dessen Hilfe Israel diesen Aufstand nicht hätte brechen können. Bei Obama sei man sei sich in Israel dagegen nicht sicher, ob dieser helfen würde, falls die Hilfe der USA dringend benötigt werden sollte. Kerstin Müller fügte dem aus europäischer Sicht hinzu, dass mehr Hoffnung auf Frieden der Obama Regierung gegenüber bestehe, da man die Fehler der Bush Regierung in Bezug auf den Irakkrieg immer vor Augen habe. In Europa jedenfalls herrsche die weitverbreitete Meinung, Obama habe mehr Interesse an Frieden als sein Vorgänger. Weiter fügte Müller hinzu, dass es aus europäischer Sicht zwar verständlich sei, dass Israel in Konfliktsituationen reagieren müsse, doch sei man der Besatzungspolitik kritisch gegenüber eingestellt. Dan Margalit äußerte, man dürfe bei aller Kritik und Diskussion nicht vergessen, wie es zur Besatzung kam, nämlich weil die arabische Welt damals keinen Frieden wollte. Daniel Levy bestand darauf, dass die Besatzungspolitik schädlich für ein demokratisches Israel sei. Israel benötige ein Ende der Besatzung und keine „Hasbara“, also Erklärungen und Rechtfertigungen für militärische Handlungen.
Auf dem zweiten Podium ging es vor allem um den Zustand der israelischen Demokratie.
Prof. Galia Golan, Leiterin des MA-Programms der Lauder School of Government, Diplomacy and Strategy am IDC Herzliya, äußerte sich beunruhigt über die Lage der Demokratie in Israel. Sie sehe eine Korrosion der israelischen Demokratie, die wahrscheinlich mit der Besatzung begann, doch sei dies nicht allein die Ursache dafür. Israel sei eine fremdenfeindliche Gesellschaft mit der Tendenz, jeden zu unterdrücken, der nicht mit dem Konsensus übereinstimme. Man habe Angst, dass Kritik von innen Israel schwäche. Es müsse außerdem möglich sein, Kritik auch von außen zuzulassen, denn sonst würde es auch den Freunden Israels schwer fallen, Israel zu unterstützen, da diese Sympathie auch daher rühre, dass die westliche Gemeinschaft Israel als Demokratie, also als Teil des Westens betrachte.
Tom Segev, Journalist und Historiker, sah die Lage noch pessimistischer als Golan. Es gäbe starke anti-demokratische Kräfte in Israel. Auch die loyalen Freunde Israels und deren Interessen müsse man sich genauer anschauen, denn oft seien dies christliche Fundamentalisten, welche die Siedlungspolitik unterstützen. Auch in Israel sollten die Menschenrechte unter internationaler Aufsicht stehen. Vielleicht werde Israel eben auch deshalb mehr kritisiert als andere Länder, weil die westliche Gemeinschaft sich Sorgen um Israels Demokratie mache.
Franziska Brantner, Mitglied der Grünen Europäischen Freien Allianz im Europäischen Parlament, sieht Tendenzen eines Demokratieverlustes weltweit, nur sei das in einem Land mit den Schwierigkeiten, wie Israel sie habe, verheerender und gefährlicher. Es fehle an Transparenz bezüglich finanzieller Unterstützungen von Kampagnen in der Politik. Am Beispiel des Referendums in Hamburg zur Schulreform beschrieb sie die Spannung zwischen der Durchsetzung unpopulärer Ideen und den demokratischen Rechten der Bevölkerung.
Dore Gold, Präsident des Jerusalem Center of Public Affairs und ehemaliger israelischer Botschafter bei den Vereinten Nationen, beklagte die Beurteilung von Israel mit zweierlei Maß. Freundschaft, bedeute zunächst Gleichheit vor dem Gesetz, und diese Vorbedingung sei im Falle Israels nicht erfüllt. So würde beispielsweise Israels Blockade gegenüber Gaza heftig kritisiert, während Blockaden und Sanktionen legitime Instrumente in anderen Ländern seien. So habe er auch seine Zweifel, dass die Haltung gegenüber Israel tatsächlich etwas mit dessen Verhalten zu tun habe.
Prof. Naomi Chazan, Leiterin der School of Government and Society, Academic College of Tel Aviv-Yaffo und Präsidentin des New Israel Fund, begann mit der Feststellung, dass jedem der Anwesenden Israel wichtig sei, so wie es auch für Israel wichtig sei, dass es unzählige verschiedene Meinungen gebe. Seit der Staatsgründung sei man besorgt, was die Anderen von Israel denken. Mittlerweile sei diese Diskussion zu einer internen Auseinandersetzung geworden, weil nun auch nach den Freunden und Feinden im Inneren gesucht werde. Ihrer Meinung nach finde eine schwerwiegende De-Demokratisierung im Land statt. Nach israelischen Arabern und Menschenrechtsorganisationen würden nun auch Akademiker, Intellektuelle und Künstler angegriffen. Es würden Kampagnen stattfinden, um Stimmen, die nicht im Einklang mit dem Konsensus seien, zu zerstören. Eine Transparenz der Finanzierung solcher Kampagnen gebe es nicht. Außerdem finde eine Veränderung des Diskurses statt: es werde nicht mehr über Werte gesprochen, sondern darüber, wer patriotisch sei und wer nicht. Stattdessen dürfe die Frage nicht zuerst sein, ob jemand für oder gegen Israel ist, sondern man müsse sich vielmehr auf das Thema der Auseinandersetzung beziehen. Eine Demokratie definiere sich wesentlich aber auch darüber, wie sie mit ihren Minderheiten umgehe und hier sieht Chazan eine negative Tendenz. Israel handle immer weniger nach den Spielregeln der allgemeinen demokratischen Werte, was auch der Grund für die Tatsache sei, dass die Freunde Israels in der jüdischen Diaspora rarer würden, da sie Israel nicht mehr verstehen könnten. Für jede Gesellschaft sei es unumgänglich, sich selbst gegenüber kritisch zu sein. Wenn Israel jedoch keine gemeinsamen Werte mehr mit der westlichen Welt habe, so könne man auch keine Unterstützung von dieser erwarten. Die Demokratie sei Israels bester Freund und ein Schlüssel zu seinem Fortbestehen und seiner internationalen Legitimität. Tom Segev ergänzte, eine Demokratie müsse auch gepflegt werden und man sei zur selbstkritischen Auseinandersetzung auf die Kritik der jüdischen Diaspora angewiesen. Zusammenfassend wurde festgestellt, dass die westlichen Demokratien, die sich im postkolonialen Zeitalter befinden, Gewaltanwendung und Besatzung nicht mehr nachvollziehen können. Dies führe zu einer allgemeinen Ermüdung in Bezug auf den Konflikt in Nahost.
Das dritte Podium wurde von Prof. Dan Diner vom Fachbereich Geschichte an der Hebräischen Universität Jerusalem und Leiter des Simon-Dubnow-Institut in Leipzig mit einem historischen Diskurs eingeleitet, der auf den spezifischen Zeitraum der Gründung Israels und die Frage seiner Legitimität einging.
Ralf Fücks, Vorstand der Heinrich Böll Stiftung hob hervor, die Gründung Israels ließe sich nicht von der Geschichte des Zweiten Weltkrieges trennen. Der Unterschied zwischen Europa und Israel sei, dass man in verschiedenen politischen Zeitaltern lebe, auch wenn es gemeinsame Grundwerte gebe. Während Israel nach dem Krieg als Nationalstaat gegründet wurde, begann in Deutschland die Überwindung des Nationalstaates, den man als Ursprung für Konflikte und schließlich für den Zweiten Weltkrieg sah. Dieses unterschiedliche Bewusstsein, sei die Quelle für Enttäuschungen und Missverständnisse. So werde die Freundschaft zwischen der Bundesrepublik und Israel dann auf den Prüfstand gestellt, wenn realisiert werde, dass Israel nicht das ist, was Europa gerne hätte, wenn anstelle eines liberalen demokratischen Staates mit universellen Werten, ein stärker nationale und durch jüdische Werte geprägter Staat stehe. Für Fücks bedeutet Freundschaft, dass man auch dann zusammenhalte, wenn man verschiedener Meinung sei. Er tritt außerdem für eine Mitgliedschaft Israels in der NATO im Zusammenhang mit einer Zwei-Staaten-Regelung und international anerkannten Grenzen ein.
Rabbiner Andrew Baker, Leiter der International Jewish Affairs, American Jewish Commitee sowie Vorsitzender des OSCE zur Bekämpfung von Antisemitismus, äußerte sich zu dem Verhältnis der jüdischen Diaspora zu Israel. Wenn Anschläge auf jüdische Einrichtungen erfolgen, so möge dies zwar eine Reaktion auf israelische Politik sein, doch sei bei derartigen Vorfällen klar, dass es sich um antisemitische Handlungen handele. Es sei so, dass die Juden in der Diaspora oftmals Zielscheibe für Anschläge seien, die eine vermeintliche Reaktion auf das Geschehen im Nahen Osten darstellen. Man müsse das Verhalten Israels nicht rechtfertigen, um derartige Anschläge zu verurteilen. Baker fügte hinzu, früher hätte die Haltung bestanden, Israel sei Schuld an antisemitischen Attacken, aber das würde glücklicherweise inzwischen differenzierter betrachtet. Dennoch sei es schwierig, die Grenzen zwischen Kritik und antisemitischem Verhalten zu ziehen.
Moshe Arens, ehemaliger Verteidigungsminister und ehemaliger Außenminister Israels, ging auf den Zusammenhang der Shoa mit der Gründung und Legitimierung Israels ein. Er machte deutlich, dass zwar ein chronologischer Zusammenhang zwischen der Shoa und der Staatsgründung bestehe, jedoch sei zu beachten, dass die zionistische Idee schon vorher bestanden habe. Ursprünglich sollten alle Juden aus Europa nach Israel gebracht werden, doch waren die meisten europäischen Juden nach dem Krieg nicht mehr am Leben. So sei ein bis heute andauerndes demographisches Problem entstanden. In Bezug auf die Unterstützung der amerikanischen Juden stelle sich das Problem, dass viele Juden außerhalb ihres Kulturkreises heirateten und dadurch die Beziehung zu Israel verlieren würden. Wer wirklich ein Freund Israels sei, würde sich erst in den Stunden der Not zeigen. Die Geschichte habe gezeigt, dass man in diesen Situationen in der Regel allein gelassen werde. Anstelle der Einmischung der jüdischen Diaspora wünscht sich Arens die Einwanderung nach Israel.
Yossi Beilin, ehemaliger Außen- sowie Justizminister Israels und heute Leiter der Beratungsfirma Beilink, zieht es vor, Freundschaften nicht auf den Prüfstand stellen zu müssen. Die Geschichte habe gezeigt, dass man sich nicht auf Freunde und die Weltgemeinschaft verlassen könne, als man im Zweiten Weltkrieg den Juden Zuflucht verwährte. Daher sei die Existenz eines jüdischen Staats wichtig, der sein Tor für alle Juden der Welt geöffnet habe. Es sei ihm auch deshalb wichtig, weil er in einem Staat leben möchte, der von der jüdischen Kultur und Tradition geprägt sei. Er wünsche sich eine Zukunft, in der Israel klare Grenzen habe und es dadurch den Freunden leichter sein wird, Israel zu unterstützen und sich einzumischen. Ein wahrer Freund, so Beilin, muss die Wahrheit sagen können, gerade um das eigene Verhalten reflektieren zu können.
Die Konferenz fand trotz einiger aggressiver verbaler Angriffe von Teilnehmer_innen mit deutlich rechtsnationalistischen Überzeugungen und trotz der großen Bandbreite unterschiedlicher politischer Positionen auf den Podien und vor allem im Publikum im wesentlichen mit dem Bemühen um eine argumentative Atmosphäre statt.
Michal Bondy, geboren in Bonn, lebt seit 2007 fest in Israel und ist dort als Übersetzerin tätig. Sie hat einen Magister im Fach Jüdische Studien.